Thema : Die Weltwirtschaftskrise
 
Die wirtschaftlichen Folgen des 1. Weltkrieges waren für die Sieger, aber auch für die Besiegten katastrophal. Die Wirtschaft der Westmächte erlebte zwar bei Kriegsende einen kurzen Aufschwung, hauptsächlich durch die plötzliche Nachfrage nach Verbrauchsgütern. Schon 1920 begann die Wirtschaftskrise, von der in den folgenden Jahren kein Land verschont werden sollte. Die gesamte Industrie hatte 5 Jahre nach Kriegsende nur etwa zwei Drittel der Vorkriegsproduktion wieder erreicht und der Welthandel lag 1923 noch mehr als 20 % nur seinem Vorkriegsumsatz. Als Gradmesser der Wirtschaft kann die Arbeitslosenquote gelten.
Vor dem Krieg lag sie in Deutschland und England bei etwa 2%. Während der zwanziger Jahre sank sie in Deutschland nie unter 7% und in England sogar stets 10% ohne Arbeit.
In den USA waren während des 1. Weltkrieges von den Farmern satte Gewinne gemacht worden. Ihre Erzeugnisse trugen wesentlich zum Lebensunterhalt der Bevölkerung in England und Frankreich bei. Mit dem Frieden war das Ende der außergewöhnlichen Kriegskonjunktur gekommen. Inzwischen produzierte die amerikanische Landwirtschaft aber mehr, als die Bevölkerung verbrauchen konnte. Die Agrarpreise fielen, das landwirtschaftliche Einkommen schrumpfte, was aber wieder eine Schmälerung der Kaufkraft vor allem für langlebige, aber auch für andere Güter aus den mit Hochdruck arbeitenden Fabriken zur Folge hatte. Die Vereinigten Staaten hatten sich nach Ende des 1. Weltkrieges von einem Schuldnerland in ein Gläubigerland Europas gewandelt.
 
Die Gründe für den Rückgang der europäischen Wirtschaft lagen sowohl in den Einwirkungen des Krieges selbst, aber auch den Folgen der Friedensverträge. Die Abtrennung lebenswichtiger deutscher Industriegebiete, die territoriale Zerstückelung Österreich - Ungarns und die beim Waffenstillstand erzwungenen Sachlieferungen machten die an sich schon kritische Situation der Mittelmächte noch hoffnungsloser. Dazu kamen dann die grenzenlos erscheinenden Forderungen der Siegermächte an Reparationen.
Hiervon profitierten zwar die Alliierten, doch war auch ihre Lage nicht gerade besonders rosig. Insbesondere Frankreich litt unter der Verwüstung seiner wichtigsten Industriegebiete, und in weiten Teilen Osteuropas machte das Fehlen landwirtschaftlicher Produkte und Maschinen einen starken Rückgang der Produktion spürbar. Der Verlust dieser wichtigen Absatzmärkte war ein weiterer Grund für Europas anhaltende Wirtschaftsnot.
Die Wirtschaftskrise der Nachkriegsjahre erschwerte im besonderen die Gesundung der durch den Krieg zerrütteten Finanzen. Der Krieg war größtenteils durch Anleihen abdeckt worden, wobei die Alliierten sich gegenseitig unterstützt hatten. Die Mittelmächte hatten den Krieg hauptsächlich durch interne Anleihen finanziert. Die Schuldenlast war bei Kriegsende auf beiden Seiten erdrückend und sollte durch Steueranhebungen reduziert werden, was nur von mäßigem Erfolg war, denn dies behinderte den wirtschaftlichen Gesundungsprozeß.
Weit wirksamer erwies sich die zunehmende Inflation der europäischen Währungen. Diese Inflation hatten zur Folge, daß die Währungen in Deutschland, Österreich und Rußland praktisch komplett entwertet wurden.
Die sozialen Folgen dieser Enteignung trafen besonders die Ersparnisse des Mittelstandes und waren dementsprechend verheerend.
Andererseits befreite die Geldentwertung die Regierungen von ihren inneren Schulden und hinterließ nur die Tilgung der Auslandsschulden als wichtigste Aufgabe der Finanzpolitik.
Die Auslandsschulden der Großmächte fielen in zwei Kategorien: die Schulden der Alliierten untereinander und die Reparationszahlungen der Besiegten.
Trotz der scheinbaren Verschiedenartigkeit dieser beiden Elemente, ergibt sich hieraus ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis. Die Vereinigten Staaten lehnten einen Vorschlag Englands und Frankreichs über die Streichung der gegenseitigen Anleihen unter den Alliierten ab, weil sie sich hiervon hauptsächlich finanziell betroffen fühlten. Man einigte sich auf eine Erleichterung der Rückzahlungsbedingungen, wodurch die Siegermächte nun ihrerseits mehr den je auf die Entschädigungszahlungen der Besiegten angewiesen waren.
Die Lage Österreichs war so hoffnungslos, das schon 1921 auf die Zahlungen verzichtet werden mußte, und Deutschland als Hauptschuldner übrig blieb.
Deutschland versuchte nach zähen Verhandlungen, aber auch durch militärischen Druck genötigt, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Vor allem Frankreich drängte intensiv auf die Einhaltung der Zahlungen, weil es selber sehr hoch bei den Amerikanern und Engländern verschuldet war, und durch die deutschen Zahlungen seinerseits die eigenen Schulden beglich.
Als Deutschland in der Zeit vor 1930 pünktlich seine Zahlungen in Höhe von 7 Milliarden Goldmark erfüllte, sah man hierin eine Gesundung der deutschen Wirtschaft. Sie war jedoch mehr vom Zustrom ausländischen Kapitals abhängig, vor allem aus den Vereinigten Staaten, das mit der Stabilisierung der deutschen Mark und der vertrauenswürdigen Außenpolitik Gustav Stresemanns, einer der drei großen Außenminister Europas, als Anleihen nach Deutschland floß.
Die somit möglich gewordenen Modernisierungs - und Rationalisierungsmaßnahmen überstiegen bald das für Deutschland tragbare Maß und wurden mit Besorgnis beobachtet.
Zwei Tatsachen stehen jedoch vom heutigen Standpunkt aus fest : Deutschland leistete weit weniger Reparationszahlungen als ursprünglich vorgesehen war, und es erhielt in Form ausländischer Anleihen, was vor allem amerikanischen Finanzmarkt kam, und von dem man sich im Spekulationsfieber größere Gewinne erhoffte, mehr, als es an Reparationszahlungen ausgab.
Diese gewährten ausländischen Spekulationskredite hätten am besten durch ausgedehnte Warenlieferungen abgedeckt werden können, jedoch waren die Vereinigten Staaten nicht bereit die Exporte ihrer Gläubigerländer aufzunehmen. Sie exportierten im Gegenteil weiterhin ihre Produkte in großem Umfang, um so der Arbeitslosigkeit im eigenen Land entgegenwirken zu können und jedes Land versuchte sich im überigen durch Schutzzölle zu schützen.
 
 
Die Zahlungen der Reparationen werden oft als Kreislauf amerikanischen Geldes angesehen. Deutschland bezahlt die Alliierten aus amerikanischen Anleihen, und die Alliierten leisteten dann das Geld zur Bezahlung ihrer eigenen Schulden an Amerika zurück. Diese Darstellung zeigt den vorher genannten Zusammenhang zwischen Reparationszahlungen und inneralliierter Schulden zwar recht simpel, aber auch treffend.
1929 nun blieben neue amerikanische Kredite aus. Fällige Tilgungsraten, sowie kündbare Kredite wurden eingefordert.
Eine der wichtigsten Folgeerscheinungen des amerikanischen Börsenkrachs vom 24. Oktober 1929, wobei dies Datum als Auslöser der Wirtschaftskrise bezeichnet wird, war die Abdrosselung und Einbeziehung kurzfristiger Anleihen. Damit wurde der europäischen und insbesondere der deutschen Wirtschaft das Lebensblut entzogen und eine weltweite Katastrophe eingeleitet.
Der allzu frühe Tod Gustav Stresemanns am 3. Oktober 1929 war von der Finanzwelt besonders schmerzlich empfunden worden, zumal die Annahme Young - Planes, der die endgültige Regelung der deutschen Reparationen zum Inhalt hat, noch nicht erfolgt war und schwierige Nachverhandlungen befürchtet wurden.
Des weiteren hatten zwei Finanzskandale die Welt unerfreulich berührt: Die hochangesehene Frankfurter Allgemeine Versicherungsanstalt, zu deren Gläubigern zahlreiche führende internationale Banken gehörten, war finanziell zusammengebrochen, und an der Londoner Börse war ein Aktienskandal, der Hawtry - Skandal, aufgedeckt worden.
Dies alles läßt aber immer noch nicht eine Erklärung für die fatale Entwicklung an jenem 24. Oktober 1929 zu. Es handelt sich zunächst um einen ganz normalen Tag. Die Morgenzeitungen gaben die Weltlage als stabil an, und hatten keinerlei besondere Sensationsmeldungen parat. Aus ungeklärtem Grund nun, häuften sich an der New Yorker Börse die Verkaufsaufträge aus allen Gegenden des amerikanischen Kontinents, jedoch ohne daß gleichzeitig Kaufaufträge erteilt wurden. Sicherlich waren die Börsenkurse seit langem überhöht. Irgendwann mußte einmal ein starker Rückgang des überhöhten Kursniveaus erfolgen, wie es auch schon an den europäischen Börsen seit Monaten der Fall war.
Aber weshalb gerade an diesem Tag plötzlich und abrupt dieser Rückbildungsprozeß an der New Yorker Börse einsetzt, läßt sich nur so erklären, daß ein jahrelang gebrauchter Krug auch einmal zerbricht.
Als nach Börseneröffnung die Banken die Marktlage erkannten, setzten sie sofort starke Interventionen ein. Sie konnten jedoch starke Kursabschläge nicht auffangen. In den Abendblättern wurde beruhigende Erklärungen zuständiger Stellen veröffentlicht, was jedoch nicht den gewünschten Effekt hatte. Am folgenden Freitag, dem 25. Oktober 1929, lagen erneut umfangreiche Verkaufsaufträge vor, was die Kurse noch tiefer fallen ließ. Aufgrund des Kursverfalls wiesen die Depots der Anleger nicht mehr die Deckung auf. Wenn die Anleger nicht nachzahlen, droht ihnen der Verkauf ihrer Papiere zum Börsenbeginn am Montag zum Eröffnungskurs. Da die meisten Spekulanten zu hoch verschuldet waren, um nachzuzahlen, wurden ihre Effekte am Montag exekutiert.
Die Banken versuchten zum gleichen Zeitpunkt nochmals die Kurse zu halten. Jedoch wurde auf einer Sitzung des New Yorker Finanzinstitute offensichtlich, daß es gegen die eingeleitete Flutwelle aus Verkäufen kein halten mehr gab, zumal am nächsten Tag neue Exekutionen erfolgen mußten.
Das Finale dieser Katastrophe ereignete sich nun am Dienstag, dem 29. Oktober 1929. Über Hunderttausende von amerikanischen Anlegern mußten den Verfall ihrer Wertpapiere erleben. Die Ticker zur Übermittlung der aktuellen Kurse lagen zum Teil Stunden zurück, weil der Verfall so rapide war.
Der Kursverfall setzte sich von einigen kurzen Erholungsphasen einmal abgesehen, bis zum März 1933 fort, und gipfelte dort in einer amerikanischen Bankenkatastrophe.
Im Laufe vom 24. Oktober 1929 bis zum März 1933 veränderte sich der Index von 185,2 punkten auf 43,2 Punkte, und zwar mit immer immenserem Tempo.
Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, daß in deutschen Publikationen der damaligen Zeit die bedenkliche Lage der amerikanischen Volkswirtschaft viel klarer und richtiger eingeschätzt wird, als in den Vereinigten Staaten selbst.
Der Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 wird heute allgemein als auslösendes Ereignis, wenn auch nicht als Ursache der Weltwirtschaftskrise bezeichnet. Aus den Kursverlusten ergab sich, daß die Bevölkerung zu sparen begann. Früher wurden Kredite aus den Börsengewinnen abgezahlt. Nun mußte sich die amerikanische Bevölkerung umstellen. Angesichts des rückläufigen Konsums bestand für die Unternehmen kein Interesse mehr an einer weiteren Ausdehnung ihrer Unternehmungen.
Somit schloß sich auch der Investitionshahn für Europa. Und da das Geld hier nun auch fehlte, mußte die Wirtschaft der Schuldnerländer somit auch in Mitleidenschaft gezogen werden, was eine Zunahme der Arbeitslosigkeit und soziales Elend zur Folge hatte. Dieser Trend vollzog sich in den meisten Volkswirtschaften Europas und Übersee, aufgrund der engen Verflechtungen und dem starken Engagement europäischer Finanzkreise an der New Yorker Börse. Dies alles führte die Volkswirtschaften in eine schweren Krise.
Nur die französische Wirtschaft blieb zunächst von stärkeren Krisenerscheinungen verschont, eine Folge der besonderen Struktur der französischen Volkswirtschaft.
Deutschland wurde hiervon besonders hart getroffen, weil auf ihm auch noch die Reparationszahlungen des verlorenen
1. Weltkrieges lasteten.
Diese wirtschaftliche Verelendung und damit verbundener Unzufriedenheit mit den alten Parteien, erklären auch den gewaltigen Stimmenzuwachs der nationalsozialistischen Partei bei den Reichstagswahlen im September 1930, als sie nächst den Sozialdemokraten stärkste Partei im Reichstag wurden.
Weltweit konnten insgesamt 30 Millionen Arbeitslose gezählt werden, wobei in Deutschland eine Zunahme von 3 Millionen im Jahre 1930 auf 6 Millionen Arbeitslose im Jahre 1932 zu beobachten war.
Viele Deutsche waren jetzt bereit die Demokratie gegen eine nationalsozialistische Diktatur einzutauschen, deren Wortführer eine wirtschaftliche und soziale Besserung versprachen. Die Sicherung der Existenz erschien den meisten wichtiger als die persönliche, politische und geistige Freiheit, die durch die Demokratie gewährleistet war.  
Die Weltwirtschaftskrise veranlaßte viele Länder, sich durch eine autarke Wirtschaftspolitik auf eigene Füße zu stellen. Schutzzölle wurden eingeführt, die Devisen bewirtschaftet, der Außenhandel kontrolliert und mit Dumpingpreisen gefördert.
Da der Staat somit mehr und mehr Einfluß in die Wirtschaft nahm, mußte diese Entwicklung zu einer staatlich gelenkten Wirtschaft, zwangsläufig auch die Demokratie in eine Krise führen, denn es lief alles auf eine Erhöhung der staatlichen hinaus.
Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, das die Wirtschaft der Sowjetunion von der Wirtschaftskrise unberührt blieb, da diese durch ihre diktatorisch gelenkte Planwirtschaft gegen Konjunkturschwankungen weithin unempfindlich war. Die Sowjetunion konnte die Krise der damaligen Zeit überstehen, wurde aber von den wirtschaftlichen Veränderungen heutiger Tage dafür überrannt.
Selbst die Vereinigten Staaten griffen in ihr liberales Wirtschaftsgefüge ein, um die Arbeitslosigkeit von 12 Millionen in den Griff zu bekommen.
Dazu sollte der sogenannte New Deal von dem amerikanischen Präsidenten Franklin Delano Roosevelt dienen. Dieser Plan sah vor, daß große öffentliche Arbeiten durchgeführt werden, Preise und Löhne kontrolliert werden, die Preise landwirtschaftlicher Produkte , um den von der Krise besonders betroffenen Farmern zu helfen, erhöht werden, Mindestlöhne garantiert sind , der Dollar um rund 40 % abgewertet wird, um die Kaufkraft zu erhöhen, und die Grundlage für eine Alters - und Arbeitslosenversicherung gelegt werden.